Beim Thüringer 'Tatort' hat Nora Tschirner als Kommissarin Dorn einen Undercover-Einsatz als Prostituierte. Humor und harter Realismus geraten riskant. Ein Auftragskiller schleicht ums Haus und hat sein Opfer schon fest im Blick. In der einen Hand eine entsicherte Pistole, in der anderen das Handy mit seiner eifersüchtigen Geliebten, die wissen will, ob er tatsächlich wie versprochen auf einem „Geschäftstermin“ ist und nicht etwa bei einer anderen Frau. Und nein, er könne jetzt nicht weitertelefonieren. Dann drückt er ab. Am Ende der Szene liegt der Hausbesitzer – ein reicher, alter Mann – tot auf seinem Bett. Und der Killer daneben. Ebenfalls tot. Stark angefangen – stark nachgelassen Die blutjunge Ehefrau des reichen Alten hat ihn erschossen. Die Schüsse hätten sich angehört wie im Film, erklärt sie später der Polizei. Soweit so originell. Und das ist ja immer die Stärke des Weimar-Tatorts gewesen: sich und die ganze, oft groteske Krimi-Geschichte nicht ganz ernst zu nehmen. Seelenbinder mit Kira Dorn und Lessing am Tatort. MDR/Wiedemann & Berg/Anke Neugebauer Tschirner, Ulmen und ein ernster Krimi – das passt nicht Bis dahin also alles sehr lustig und ein Spaß zuzuschauen. Aber dann wird’s leider ernst. Denn so nach etwa einer Stunde kippt der Tatort plötzlich und verliert seine Leichtigkeit. ![]() Vielleicht dachten die Weimarer, das könnten sie auch, aber das misslingt für mein Empfinden. Also entweder ihr seid lustig – das könnt ihr – oder ihr seid ernst, dann ist es halt nix. Für einen reinen Krimi, der ernst genommen werden will, reicht es in der letzten halben Stunde leider nicht. Trotzdem sehenswert Das heißt nicht, dass der Tatort nicht sehenswert ist. Tolle Ironie, besonders weil die Ermittlungen Kommissar Lessing immer wieder ins Bordell führen, und es alleine dazu schon eine Menge witziger Dialoge mit seiner Kollegin und Ehefrau Kira Dorn gibt. Trotzdem bleiben dieses Mal leider nur 3 von 5 Elchen übrig. 90 Minuten in 90 Zeichen Milliardär tot, Mörder auch, die junge Witwe drollig doof. Bleibt's aber nicht. Darum ging es Lessing (Christian Ulmen) und Dorn (Nora Tschirner) sollen die Morde an dem Milliardär Alonzo Sassen sowie dem Architekturprofessor Ilja Bock aufklären. ![]() Darum ging es schief Dass mit Andreas Pflüger einer der beiden Weimarer Stamm-Autoren diesmal nicht beteiligt war, zeigt sich deutlich: Claus-Henric 'Murmel' Clausen allein ist überfordert. Konkret ist das handelnde Personal zu zahlreich und über zu verschlungene Pfade miteinander verbandelt. Kleine Kostprobe: Cleo Schröder ist die Frau von Steinbruchbesitzer Martin. Der ist aber nicht der Vater ihrer Tochter, sondern sein Bruder Fritjof, genannt 'Fritte', Bordellbesitzer. Bei dem heuert schnell auch die sensationell naive Neu-Milliardärswitwe Lollo als Tänzerin an, die aber mit der Lösung des Falls nichts zu tun hat. ![]() Daher kennen Sie die Witwe Ruby O. Fee hat bereits in zwei 'Tatort'-Episoden geglänzt: In 'Happy Birthday, Sarah' (Stuttgart, 2013) spielte sie ein junges, sozial schwaches Opfer von sexuellem Missbrauch. In 'Kartenhaus' (Köln, 2016) ein verwöhntes Gör, das als Femme fatale in seinem Freund den Mörder weckt. Fun fact: Ruby O. Fee ist selbstverständlich ein Künstlername. Mit vollem Namen aber heißt die gute Frau mit dem Schmollmund nicht Dörte Becker oder Petra Müller, sondern: Ruby Moonstone Camilla Willow Fee. Das irritierte maßlos Den ganz speziellen Ton des Weimar-'Tatort' konnte man schon immer nur lieben oder hassen – aber dass dieses surreale Universum in sich konsistent war, musste man ihm lassen. In dieser Folge geht das selbst mit der Farce um den Vater des Chefs nicht wirklich gut, der sich als Kunst- und Geldfälscher entpuppt. Danach bleibt einem das Lachen dann gleich dreifach im Halse stecken. Erst wird Dorn nach einem missglückten Undercover-Einsatz im Bordell um ein Haar vergewaltigt. Dann liefern sich die beiden Brüder eine beängstigend blutige Prügelei. Und zum großen Finale will Steinbruch-Schröder seinen Bruder unter tonnenweise Fels begraben. Dass Lessings Partnerin und Ehefrau dabei scheinbar stirbt, sorgt schließlich dafür, dass der Ermittler im Affekt aus Selbstjustiz beinahe zum Mörder wird. Experiment mächtig misslungen. Ihre Meinung zum Thema ist gefragt Schreiben Sie jetzt Ihre Meinung zu: Tatort aus Erfurt mit Christian Ulmen: 'Der kalte Fritte' im Schnellcheck Mich über weitere Kommentare per Mail benachrichtigen Kommentar senden Vielen Dank für Ihren Beitrag! Ihr Kommentar wird nun gesichtet. Im Anschluss erhalten Sie eine E-Mail von uns. Bitte beachten Sie, dass es bei einem großen Kommentaraufkommen zu längeren Wartezeiten kommen kann. Wir sichten die Kommentare werktags zwischen 09 und 22 Uhr. Samstags und sonntags sind wir in der Regel von 10 bis 18 Uhr für Sie da.
0 Comments
Leave a Reply. |
AuthorWrite something about yourself. No need to be fancy, just an overview. Archives
May 2019
Categories |